Wie Fortunatus gen Nantis kam in Britania, hoffzucht zusehen.

[41] Das sach alles Fortunatus vnd geuiel jm fast wol vnd thet nit anders, dann das er gen hoff gieng vnd rait. vnd als er aber gen hof ritt, So ließ er nichts in der herberg. dass geuiel dem wirdt nit, wann er yn nit kennet vnd forcht, er ritt vnbezalt hynweg, als ym vormals offt beschehen was vnd noch auff sollichen hochzeiten beschicht. Darumb so sprach er tzu Fortunato: lieber fründ,[41] ich kenne ewer nit, thůnd so wol vnnd bezalt mich alle tag. Fortunatus lachet vnnd sprach: Lieber wirt, ich wil nit vnbetzalt hynweg reiten! vnd zoch auß seinem seckel hundert gůter Cronen vnd gab sy dem wirdt vnd sprach: das gelt hand vnd wenn eüch gedunckt, das ich oder wer mitt wir kommet mer verzeret haben dann sollich gelt, so wil ich üch mer geben. Ir bedürffen mir kain rechnung darumb geben. der wirdt was fro vnd nam daßs gelt mit fröden vnd fieng an Fortunatum in eeren tzu haben vnnd wo er für yn gieng, da graiff er an sein kappen, satzt yn zu den besten an die taffel leget yn auch in ain eerlichere kamer, dann er vor gelegen was. Vnnd als nun Fortunatus bey andern herren vnnd edelleüten also zu tisch saß, do kamen manigerlay sprecher vnd spilleüt für der herren taffel, den leütten kurtzweil tzu machen, Auch, das sy gelt verdienten. Nun kam auff ain mal ain alter edelman vnd klagt den herren sein armůt vnnd sagt, er wer ain edelman, geborn auß Ybernia vnd wär siben iar vmbgezogen vnnd het durchfaren zway kaiserthůmb vnnd zwaintzig christenlicher künigreich, nit mer wär ir auch christennlicher künigreich in der christenhait vnd het sich so verzeret vnnd begeret allso, das sy yn wolten steüren, das er wider möcht in sein lannd kommen. Do was ain graff an der taffel, der sprach zu ym: wie haissen doch die reich alle? der gůt edelman fieng an vnd tzalt sy alle nach ainander gar ordenlich vnd sprach: es ist kain künigreich, es hab doch drey oder vier hertzogen vnder ym on fürsten vnnd herren, weltlich vnd gaistlich, die land vnd leüt haben, die ich alle besůcht han vnd hon von aim yeden land, daz ain besondere sprach hat, souil ergriffen, das ich ain notturft mit den leüten kan reden, hab och in geschrifft, wie ain yeder künig hieß, do ich an seim hoff was vnd wie ferr es von ainem künigkreich zu dem andern ist. Der graff sprach: ich wolt gern, das ich an allen orten mit üch wär gewesen, doch das ich wider hye wär vnd ich mag wol schätzen, das es vil leibs vnnd gůts brauchet, wer die land alle besehen will. Der gůt[42] edelman sprach: ja herr, ainer wirt gůt vnd böß jnnen vnnd můß manige ellende herberg haben vnd grosse verschmähung leiden. der graff schanckt ym vier cronen vnd sprach zu jm, wäre es sein fůg, so möcht er da beleiben, so lang die vest weret, so woltt er für yn zalen. Er dancket ym ser vnd sprach, yn belangete haym tzu seinen freünden vnnd er wär lang auß gewesen vnd dancket jm ser der schanckung, so er jm gethon het. Nun het Fortunatus gar eben auff gemerckt auf die red, so der alt edelman gesagt het vnd gedacht jm: möcht mir der man werden, daz er mich durch die länder fůrte, so wölt ich yn doch reichlichen begaben. vnd so bald die maltzeit auß was, sante er nach ym in sein schlafkamer vnd fragt jn, wie er mit dem namen hyeß. Er sagt: Lüpoldus. Er sprach: ich hon verstanden, wie du so weit gewandelt vnd an als vil küniglichen höffen gewesen bist. Nun byn ich iung vnd wolt gern in meinen iungen tagen wandlen, die weil ich es vermöcht vnd wär es dein gefallen vnd wölttest mich allso füren, so woltt ich dir ain hübsch pferd vnder geben vnnd ainen aignen knecht dingen vnd dich haltten als meinen brůder vnd dir dartzu aynen gůten sold geben nach deinem begeren. Lüpoldus sprach: ich möcht wol leiden, das man mich eerlich hielt vnd dartzu gnůg gäb. Ich bin aber alt vnd hab weib vnd kind, die haben kain wissen von mir vnd natürliche liebe zwingt mich, wider zu yn zukommen vnd mein leben bey yn auff zugeben. Er sprach: Lüpolde, begib dich, meinen willen tzu volbringen, so wil ich mit dir in Ybernia vnd will dir weib vnd kind (ob sy in leben seind) eerlich begaben vnd so die raiß volbracht wirt vnd wir mit der hilff gots gen Famagusta (in Cipren gelegen) kommen, dich versehen mit aignem hauß, mögt vnnd knecht, ob es dein gefallen ist, dein leben also bey mir zuuerschleissen.


Wie Fortunatus ainen alten knecht zu ainem diener auff nam, genannt Lüpoldus, der weitt erfaren vnnd ym vil land bekannt waren.

Lüpoldus gedacht: der iung man verhayßt mir vil. wär ich der sach gewiss, wie gůtt es wär, mir soliches[43] gelük in meinen alten tagen zustünd vnd wiewol jm zweiflet, er vermöcht den costen nit, wann er wol wißt, was auff solichs vmbwandlen gon müßt, Sagt er: ich will eüch zu willen werden, doch so ferr, das ir ewerm verhaissen gnůg thüend vnd das ir es auch wissend auß zu bringen, vnnd sahend es nit an, ir habent vnnd wissend dann fast vil bar gelt, wann on gelt mag man es nitt wol volbringen. Fortunatus sprach zu Lüpoldo: Sorg nit, ich waiß in yedem land gelts gnůg auf zubringen, darumb verhaiß dich, bey mir zu beleiben vnd die raiß zu vollenden. Er sprach: so verhaißt mir och zulaisten, das ir mir versprochen vnd verhaissen hond. Also gelobten sy bayd ye ainer dem andern bey gůten trewen, ainander nit zu verlassen in kaynen nöten. als der beschluß beschehen was, tzoch Fortunatus gleych herauß zwayhundert cronen vnd gab sy Lüpoldo, sagt: gang, kauf zway hübsche pferd, spar kain gelt, ding dir ainen aigen knecht, vnd wenn er dir nit gefall, so ding ainen andren vnd wenn du nit mer gelt hast, so wil ich dir mer geben vnd dich on gelt nit lassen. das geuiel Lüpoldo fast wol vnd gedacht, es wär ein gůter anfang vnd ruft sich nach allem lust. deßgleichen thet Fortunatus och, nam nit mer dann zwen knecht vnd ainen knaben, also das ir sechs waren vnd wurden ains, wie sy die länder vnd küngreich durchfaren vnd wolten das römisch reich tzu dem ersten besehen vnd riten allso den nächsten auff Nürnberg, gen Wörd, Augspurg, Nörlingen, Vlm, Costenntz, Basel, Stroßburg, Mentz, Cöln, dauon vil wär zuschreiben, wann ir ob hundert ist in teutschen landen, die vnderwürffig ainem kaiser seind. da mügend ir wol mercken, das es lange weil brauchte, der all stött durchsůchen wölt, doch die namhafftigsten, vnd wo bistumb warend, da korten sy zu vnd besahen alle ding. das schrib Fortunatus alles gar eben an. Nun ist nit mer dann .lx. meil den nähsten von Nürenberg gen Köllen, möcht ainer in achtagen reüten. daran ritten sy ain viertail von ainem iar, das macht dass vmbreütten von ainer stat zu der andern vnd also thetten sy in andern künigreichen auch, in ainem mer, dem andern minder, darnach sy groß waren. Nach dem zohen sy von[44] Cöln gen Prugk in Flandern, ist fünfftzig meil vnnd von Prugk gen Lunden, ist die haubtstat des küngs von Engeland, bey vier tagraisen, ist ain jnsel, das man über mör faren můß. vnd von Lunden gen Odwürk, ist die haubstat in Schottenland vnd ist neün tagrayß. vnd als sy dahyn kommen warend, hetten sy noch sechß tagraiß in Ybernia in die statt, dannen Lüpoldus was. vnd begert an seinen herren Fortunatum, mit ym dahyn zu reütten, das er ym verwilliget. vnd raiten in Ybernia vnd kamen also in die statt, genant Waldrick, da dann Lüpoldus da haym was. Der fande weyb vnnd kind, wie er sy gelassen het, doch ainer seiner sün het ain weib genommen vnd ain tochter die het ainen mann genommen. die warend alle seiner zukunfft fro. Ach got, sy waren alle nit reich! das kund Fortunatus wol mercken vnnd gab dem Lüpoldo hundert nobel, das er all sach radtlich vnd wol zůrichte, so wölt er zů yn kommen vnd frölichen mit ynen sein. Also ließ Lüpoldus gar kostlich zůrichten vnnd lůde dartzů seine kinder, ire mann vnnd weib vnnd all ander gůt freünd vnd hyelt allso kostlich hoff, das doch yederman gnoß in der statt. Fortunatus was frölich mit yn vnd als er geessen het, růfft er Lüpoldo vnd sagt zu ym: du solt vrlob nemen von weib vnd kinden vnd nym hyn die drey seckel, ist in yedem .ccccc. Nobel (ist ainer besser dann drithalber guldin reinisch) soltu ainen deim weib, den andern deim sun vnd den dritten deiner tochter zu lötze lassen, das sy ain zerung haben. Des was er fro vnd dancket ym der grossen tugent. Mügt ir wol glauben, daz weib vnd kind fast erfrewet wurden vnd liessen jn dester lieber weg reitten. Nun het Fortunatus gehört, das noch zwů tagraiß wärn biß in die stat, da Patricius fegfeür ist (ligt auch in Hybernia). der sagt: so nit verrer ist dann zwů tagraiß, wellen wir dahyn, vnd satzt erst ain vertrawen in seinen seckel, do er so herrlich darauß genommen het vnd doch kain mangel da was. vnd ritten mit freüden in die stat Werniks, darinn[45] ist ain großs kloster, ain abbtey. vnnd in der selben kirchen hynder dem fronaltar ist die thüre, da man eingeet in die finstern hüle, die dann genant ist sant Patricius fegfeür. Nun laßt man nyemant darein on des abbts erlaubnus. Lüpoldus gieng tzu dem abbt vnd gewan vrlob, das jn verlihen ward. doch fragt er, von wannen der herr wäre. er sagt ym, er wär von Cipern, verstůnd der abbt wol, das er von verren lannden was, lůd yn vnnd die seinen zu gast, das Fortunatus zu ainer grossen eer auff nam, vnd als er zu der malzeit geen wolt, kaufft er ain vaß mit dem besten wein, so er yn fand vnd schanckt das dem abbt (wann der wein fast tewr da ist), der abbt nam es in grossem danck auff, wann sunst wenig wein in dem closter gebraucht ward dann zů dem gotzdienst. Als sy die maltzeit volbracht hetten, fieng Fortunatus an vnd sprach: genädiger herre, ist es nit wider eüer wirde, so begert ich zuwissen, von was vrsach es kommpt, das gesagt wirt, das hye santt Patricius fegfeür sey. Der abbt sprach: das wil ich üch sagen. Es ist vor vil hundert iaren (da yetzund dise stat vnd gotzhauß ligt) ain wilde wüstin gewesen vnnd nit ferr von hinnen ist ain abbt gesein, der hat Patricius gehaissen, was gar ain andächtiger man, der offt her gieng in dise wüstin vmb bůßwirkung zu thůn. Vnnd auff ain mal do fand er dise hüle, die tzumal lang vnd tüf ist. darein gieng er so weit, das er nit wißt herauß zu kommen, fiel er nider auff seine knye vnd bat got, wär es nit wider seinen götlichen willen, das er ym auß der hüle hulf. die weil er got bat mit grosser andacht, hort er noch verr hynder ym ain jämerlich geschray, als ob es ain grosse menigin leüt wäre, darab er ser erschrack. doch verlich ym gott, das er wider auß der hüle kam, dess er got treülich dancket vnd kam in sein closter vnd was andächtiger dann vor. wenn er penitentz wircken wolt, so gieng er in dise hüle vnd fieng an vnd bawet ain cappel bey dem loch der hüle vnd gewunnen die andächtigen leüt ainen zůker, daz dises closter, darzu die stat, hie gebawen ist worden. Fortunatus sprach: die bilger, die also her kommen vnnd ir in die hüle lassen, was sagen die, so sy herauß kommen? Der abbt sprach:[46] ich frag iren kainen, noch laß sy nit fragen. Doch so sagen etlich, sy haben gehört ellendiglichen rüffen. so haben ettlich nichts gehört noch gesehen, dann das yn ser gegrausset hat. Fortunatus sprach: ich bin verr her kommen vnd solt ich nit in die hüle gon? wo man das von mir sagete, wär mir ain auff hebung vnd wil also nit von hynnen. ich wil in daz fegfeür. Der abbt sprach: so ir dann ye darein wöllen, so gond nit zu weit, wann darinn seind vil abweg, das man leüchtlich verirren mag, als etlichen bey meiner gedächtnus geschehen ist, die man erst am vierden tag funden hat. Fortunatus fragt Lüpoldum, ob er mit jm darein wölt. er sagt: ja, ich gon mitt eüch vnnd will bey eüch beleiben, so lang mir got das leben verleicht. das geuiel Fortunato wol.

Quelle:
[Anonym]: Fortunatus. Halle a.d.S. 1914, S. 41-47.
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