Die Asketen

[285] O spottet nicht der traurigen Asketen,

Daß sie den Leib mit scharfen Leiden plagen,

Die süßen Erdenfreuden sich versagen,

Die flüchtigen, nur allzuschnell verwehten!


Nebst solchen, die das Futter gierig mähten,

Seit des verlornen Paradieses Tagen,

Hat eine Schar von Herzen stets geschlagen,

Die, abgewandt, die Weide hier verschmähten.


Ein schüchternes Gefühl: ›Wir sind gefallen!‹

Hält sie vom lauten Freudenmarkt zurück,

Heißt sie den Pfad einsamer Dornen wallen.


Es wächst ihr Ernst, wenn sie vorüberstreifen

An einem unverdienten Erdenglück;

Die Scham verbietet, keck darnach zu greifen.

Quelle:
Nikolaus Lenau: Sämtliche Werke und Briefe. Band 1, Leipzig und Frankfurt a.M. 1970, S. 285.
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