1. Stimme des Windes

[286] In Schlummer ist der dunkle Wald gesunken,

Zu träge ist die Luft, ein Blatt zu neigen,

Den Blütenduft zu tragen, und es schweigen

Im Laub die Vögel und im Teich die Unken.


Leuchtkäfer nur, wie stille Traumesfunken

Den Schlaf durchgaukelnd, schimmern in den Zweigen,

Und süßer Träume ungestörtem Reigen

Ergibt sich meine Seele, schweigenstrunken.


Horch! überraschend saust es in den Bäumen

Und ruft mich ab von meinen lieben Träumen,

Ich höre plötzlich ernste Stimme sprechen;


Die aufgeschreckte Seele lauscht dem Winde

Wie Worten ihres Vaters, der dem Kinde

Zuruft, vom Spiele heimwärts aufzubrechen.

Quelle:
Nikolaus Lenau: Sämtliche Werke und Briefe. Band 1, Leipzig und Frankfurt a.M. 1970, S. 286.
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