Lied eines Negersklaven im Anfang des nordamerikanischen Krieges

[69] Wohl dir, liebes Afrika!

Nun behälst du deine Kinder,

Schon verkauft Germania

Seine Söhne wie die Rinder.


Mit stiefmütterlicher Hand

Reißt es sie von seinen Brüsten,

Um durch sie das neue Land,

Das wir düngen, zu verwüsten.


Dreymal selig muß ich, traun,

Mich vor deutschen Sklaven achten;

Mich zwingt man Toback zu baun;

Jene müßen Menschen schlachten.


Halb so theuer ist das Blut

Eines Hessen angesetzet,

Als man in Konnektikut

Meiner Stirne Schweiß geschätzet.
[70]

Ihr, die Feind und Britte haßt,

Deutsche, laßt die Welt im Frieden!

Wollt ihr Ketten, deren Last

Ihr verflucht, für Brüder schmieden?


Doch ihr fühlts! Mit frommer Scheu

Werfen halbe Legionen

Ihre Waffen weg, um frey

In Amerika zu wohnen.


Und mit einem solchen Heer

Wollt ihr dieses Land bezwingen?

Eitle Britten, nimmermehr

Wird der Anschlag euch gelingen.


Trotzig wirft das Sklavenjoch

Washington vom Löwennacken,

Und der Heuchler hält sich doch

Tausend Sklaven, die ihm hacken?


Kühne Pflanzer, hättet ihr

Uns mit euch für frey erkläret;

Howe trotzte nicht mehr hier,

Percy wäre heimgekehret.
[71]

Lange müßten, Hunden gleich,

Britten eure Füße lecken,

Und wir würden stolz mit euch

Unsrer Siege Früchte schmecken.


Nun verlach ich euern Streit;

Was kann ich dabey verlieren?

Wird das Erbtheil Penns bedräut,

Negern, dann müßt ihr euch rühren.


Dann schließt einen ehrnen Kreis

Um des Quakers fette Saaten,

Welcher nichts von Sklaven weiß,

Nichts von Pfaffen und Soldaten.


Er nur ist der Freyheit werth;

Brüder, wenn wir für ihn siegen,

Wollen wir mit Howens Schwert

Penns geweihte Felder pflügen.


Aber wird die Tyranney

Auch die Brüderstadt verderben;

Freunde, ha! so laßt uns frey

Mit den letzten Menschen sterben!

Quelle:
Gottlieb Konrad Pfeffel: Poetische Versuche, Erster bis Dritter Theil, Band 2, Tübingen 1802, S. 69-72.
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