|
[63] Herrn Bürgermeister Klüpfel ständischem Abgeordneten der Stadt Stuttgart
Die Schlacht der Völker ward geschlagen,
Der Fremde wich von deutscher Flur,
Doch die befreiten Lande tragen
Noch manches vor'gen Dranges Spur;
Und wie man aus versunknen Städten
Erhabne Götterbilder gräbt,
So ist manch heilig Recht zu retten,
Das unter wüsten Trümmern lebt.
Zu retten gilt's und aufzubauen,
Doch das Gedeihen bleibet fern,
Wo Liebe fehlet und Vertrauen
Und Eintracht zwischen Volk und Herrn.
Der Deutsche ehrt' in allen Zeiten
Der Fürsten heiligen Beruf,
Doch liebt er frei einherzuschreiten
Und aufrecht, wie ihn Gott erschuf.
So wirkt auch ihr im festen Bunde,
Ihr guten Hüter unsres Rechts!
Ihr bauet auf dem alten Grunde
Das Wohl des künftigen Geschlechts.
Uneingedenk gemeinen Lohnes,
Seid ihr beharrlich, emsig, treu;
Des Volkes Würde wie des Thrones
Beachtet ihr mit heil'ger Scheu.
Drum, da wir heut das Fest begehen,
Dem tausend Freudenfeuer sprühn
Und, wo sie nicht von Bergen wehen,[63]
Doch tief in allen Herzen glühn:
Was kann so edlen Schmuck gewähren
Dem Mahle, das uns hier vereint,
Als einen Mann bei uns zu ehren,
Der's so getreulich mit uns meint!
Den Mann, der, unsrer Stadt entsprossen,
Stets ihres Wohles treu gedacht,
Dem wir uns innig angeschlossen,
Der unser Teuerstes bewacht;
Der unerschüttert ausgehalten
Im Sturm der schreckensvollen Zeit
Und der auch jetzt mit kräft'gem Walten
Dem neuen Werk sein Leben weiht!
Nie kommt das Wort, ihr treuen Väter!
Dem heißen Herzensdanke gleich,
Nie spricht es aus, ihr Volksvertreter!
Wie wir so eines sind mit euch.
Als jüngst in hehren Tempelhallen
Die Menge sich mit euch erbaut,
Da sprach das Schweigen über allen
Mehr als der hellste Jubellaut.
So laß dir's, Edler, denn gefallen
Bei unsrem fröhlichen Gelag,
Und will dich düstrer Ernst umwallen,
So denk an künft'gen Festestag:
Wann jener Schlacht Gewittersegen
Sichtbar auch unser Heil erneut,
Wann sich die Saaten schwellend regen,
Die ihr im Sämond ausgestreut!
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte (Ausgabe letzter Hand)
|
Buchempfehlung
Nach dem Vorbild von Abraham von Franckenberg und Daniel Czepko schreibt Angelus Silesius seine berühmten Epigramme, die er unter dem Titel »Cherubinischer Wandersmann« zusammenfasst und 1657 veröffentlicht. Das Unsagbare, den mystischen Weg zu Gott, in Worte zu fassen, ist das Anliegen seiner antithetisch pointierten Alexandriner Dichtung. »Ich bin so groß als Gott, er ist als ich so klein. Er kann nicht über mich, ich unter ihm nicht sein.«
242 Seiten, 11.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.
444 Seiten, 19.80 Euro